"Widder" versorgten Nindorf mit Wasser

Unten bei den Teichen von Familie Lindemann befand sich seit 1892 eine seltene, stillgelegte, Wasserhebeanlage. Dieser einfache, hydraulisch funktionierende Mechanismus wurde 1796 von dem Franzosen Joseph Michel Montgolfier erfunden. Von Montgolfier soll auch der Name stammen, denn er hat in seiner Patentschrift geschrieben, beim Schließen des Ventils entstehe eine Kraft „wie der Stoß eines Widders".
Das Wasser wurde von der Quelle in einen tiefer gelegenen, frostsicheren Schacht geleitet. Hier unterbrach ein sich schlagartig schließendes Sperrventil das herabstürzende Wasser. Der dabei entstandene Rückstoß reichte aus, um eine kleine Wassermenge über den Druckbehälter, in regelmäßigem Rhythmus, durch ein Eisenrohr in das ca. 25 Meter höhere und ca. 650 Meter entfernte Auffangbecken zu pumpen. Bis zu 300 Meter hoch konnten die damaligen Widder das Wasser befördern. Der Widder brauchte etwa zwei Drittel des Wassers, um ein Drittel nach oben zu pumpen und je größer der Höhenunterschied, desto weniger Wasser kam oben an. Das ca. 3 X 6 Meter große gemauerte Auffangbecken stand hinter dem Knick auf der Koppel der Familie Lindemann. Von dort aus wurde das Wasser durch Eisenrohre in die Häuser geleitet. Durch das starke Gefälle brauchte man keine Pumpen. So wurde nicht nur das linke obere Dorf bis hin zum Door mit Trinkwasser versorgt, sondern auch etliche Viehtränken auf den Koppeln. 1956 demontierte und verschrottete man den Widder. Die 6 Meter langen zusammengeschraubten Eisenrohre liegen teilweise immer noch in einer Tiefe von 1,20 Meter unter der Erde.

Die beiden Skizzen zeigen wie ein "Widder" funktionierte

Anhand der Zeichnung sieht man wo der "Widder" stand und wie die Eisenrohre ungefähr verlegt wurden.

Ein alter hydraulischer Widder

Einige Meter unterhalb des letzten Teiches befand sich der "Widder".

Rechts neben den Teichen wurden die Eisenrohre verlegt

Rechts von der Kreuzung lagen die Rohre und führten zur Hauskoppel der Familie Lindemann.

Auf der Hauskoppel befand sich das 3 X 6 Meter große Auffangbecken.

Viele Eisenrohre liegen heute noch in der Erde. Einige sind schon ausgebuddelt worden.

Ein weiterer hydraulischer Widder stand im Waldstück "Widderholz". Das Wasser brauchte hier nicht ganz so hoch gepumpt werden. Diese Anlage wurde ca. 1920 installiert und 1965 wieder demontiert. Der hydraulische Widder versorgte die rechte Seite Nindorfs mit Trinkwasser. Er gehörte damals der Familie Mißfeldt. Heute gehört des Waldstück Familie Wieben. Hier befinden sich 7 Quellen, die teilweise einen Teich mit Wasser versorgen. Direkt am Teich stand der Widder, der das Wasser durch Eisenrohre hoch zu einem Auffangbecken pumpte. Außerdem wurden noch 3 Betonringe auf Koppeln für das Vieh mit dem Wasser gefüllt. Das Auffangbecken befand sich auf dem Mißfeldt Hof in einem kleinen gemauerten Schuppen. Von hier aus wurden noch ca. 10 weitere Haushalte mit Wasser versorgt.
Otto Schade kaufte sich kurz nach der Wende im Jahre 1990 einen kleineren Widder aus Dresden. Diesen setzte er bei seinen Teichen im Dahlen ein. Im Jahre 2019 verkaufte er den Widder, nachdem ein Ventil den "Geist" aufgab.
Die Widder kamen aus verschiedenen Gründen in die Kritik. Ihre Fassungen waren nur oberflächlich gebaut, aber es durfte kein Oberflächenwasser eintreten. Deshalb entsprachen sie nicht mehr dem Stand der Technik. Die vielen Kleinanlagen waren den Behörden zudem ein Dorn im Auge, da sie schwer zu überwachen waren und außerdem waren durch die Ausweisungen von Wasserschutzgebieten ihre Standorte nicht zu halten.
Für Landwirtschaft, Berghütten und Ferienhäuser, die in der Nähe von fließenden Gewässern liegen, werden aber noch heute zur Wasserversorgung gerne Widder benutzt. Meist handelt es sich um Anwesen in abgelegenen Gegenden, die weder an die öffentliche Wasserversorgung noch an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sind oder aus anderen Gründen nur zeitweilig genutzt werden.

Hier im "Widderholz" befand sich der zweite hydraulische Widder. Die Eisenrohre lagen links von der Straße.

Hans-Jochen Mißfeldt zeigt auf die Stelle wo der "Widder" stand.

Das Auffangbecken stand auf der Hauskoppel der Familie Mißfeldt

Ein Relikt aus alten Zeiten. Ein Teilstück des hydraulischen Widders der Familie Mißfeldt.